Die Bundesregierung plant, im Rahmen der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben, für alle Online-Fernabsatzverträge mit Verbrauchern den verpflichtenden elektronischen Widerrufsbutton einzuführen. Dies ist Teil eines Gesetzentwurfs des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), der am 9. Juli 2025 veröffentlicht wurde. Ziel ist es, Verbrauchern eine ebenso einfache und transparente Ausübung ihres gesetzlichen Widerrufsrechts zu ermöglichen wie den Vertragsschluss selbst.
Ziel der Reform: Leichter Zugang zum Widerruf
Die Begründung des Gesetzgebers ist nachvollziehbar: Während der Online-Kauf häufig innerhalb von Sekunden abgeschlossen ist, war der Widerruf bislang mit Unsicherheiten und Hürden verbunden. Künftig muss jeder Onlinehändler eine deutlich sichtbare Schaltfläche (“Vertrag widerrufen” oder gleichwertig) während der Widerrufsfrist auf der Benutzeroberfläche vorhalten. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen sich nicht länger mit Fragen nach Adressaten, Formerfordernissen oder technischen Hürden beschäftigen müssen:
„So einfach wie das Bestellen im Internet geht – so einfach soll auch das Widerrufen sein: mit einem Klick.“
Bundesjustizministerin Dr. Stefanie Hubig.
Einführung und technische Anforderungen
Der Referentenentwurf sieht explizit vor, dass die Widerrufsfunktion gut sichtbar, ständig verfügbar und ohne Hürden erreichbar sein muss, etwa direkt im Nutzerkonto oder im Bestellverlauf. Zusätzlich werden damit verbundene Pflichten zur Eingangsbestätigung und neue Informationspflichten für Unternehmen eingeführt. Laut Zeitplan tritt die Regelung spätestens im Juni 2026 in Kraft.
Neue Dynamik – aber auch Risiken für Klima und Markt
Für Juristen und Behörden stellen sich aber unter anderem folgende Fragen:
- Erhöhte Retouren als Folge einer zu niedrigen Hemmschwelle: Studien zeigen, dass bereits bestehende, niedrige Hürden beim Online-Widerruf zu erheblichen Rücksendequoten und beträchtlichen CO₂-Emissionen führen. Der digitale Widerrufsbutton könnte das Retourenaufkommen nochmals erhöhen.
- Falsche Anreize auf Verbraucherseite: Die „One-Click-Mentalität“ senkt die Schwelle, Bestellungen vorschnell zu widerrufen. Dies widerspricht dem Ziel, nachhaltigen und verantwortungsbewussten Konsum zu fördern.
- Belastung von Händlern und Umwelt: Mehr Retouren bedeuten zusätzliche Kosten und logistische Herausforderungen, und stehen den Bemühungen um weniger Ressourcenverschwendung entgegen.
Weitere rechtliche Aspekte und Unsicherheiten
- Organisatorischer und technischer Aufwand: Die breit angelegte verpflichtende Implementierung einer funktionalen Widerrufsschaltfläche erfordert teils erhebliche Investitionen und Anpassungen bestehender Systeme bei allen Online-Anbietern.
- Vollzug und Kontrolle: Für Behörden stellt sich die Frage, wie die Sichtbarkeit und Funktionsfähigkeit der Widerrufsmöglichkeit prüfbar und sanktionsbewehrt gestaltet werden kann.
- Rechtsanwendung im Detail: Offen bleibt, wie der Button in komplexen Mehrfachvertragskonstellationen oder bei Mischverträgen technisch und juristisch korrekt abgebildet wird; hier besteht Regelungs- und ggf. Klarstellungsbedarf.
“…oder schicks zurück!”
Die Vereinfachung des Widerrufsrechts durch den elektronischen Button stärkt den Verbraucherschutz – dies ist unstreitig und verfassungspolitisch gewollt. Aus marktregulatorischer und umweltpolitischer Sicht entstehen jedoch neue Fehlanreize, die dem Ziel eines nachhaltigen Konsums entgegenstehen können. Für Juristen und Aufsichtsbehörden gilt es, die weitere Entwicklung differenziert zu begleiten, offene Rechtsfragen zu klären und flankierende Maßnahmen zur Begrenzung ökologisch nachteiliger Effekte anzuregen.
Statt Retouren zu hofieren, enden unsere Beratungsmails so:
“Mit dieser Nachricht wollen wir nicht nur Ihnen und uns Kosten und Aufwände für Rücksendungen ersparen, sondern auch dazu beitragen, unsere Umwelt von Schadstoffen zu entlasten, die durch unnötiges Hin-und-her-Schicken entstehen.”
