Zunge rausstrecken, Stinkefinger, Scheibenwischer, Vogel und auch das “A” mittels Zeigefinger und Daumen zeigen, können Beleidigungen sein, die ganz schön teuer werden. Ein einfacher Vogel kann 20 bis 30 Tagessätze kosten, Stinkefinger wurden auch schon mit EUR 4000,- bestraft. Recht “preiswert” hingegen scheint das Zunge Rausstrecken, das kostet im Schnitt so um die EUR 150,-.
Im Rausch seiner antipathischen Gefühlswallung denkt der gemeine Bürger eben nicht daran, dass Beleidigungen Straftaten sind, die nach § 185 Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr oder Geldstrafen belegt werden können. Und weil Knigge heutzutage keine Kinderstube mehr besucht, menschelt es eben auch immer häufiger und es kommt zum Finale vor Gericht. Und selbst Richtern scheint nichts Menschliches mehr fremd zu sein. Hier OLG Düsseldorf und man staune: “Das Tippen mit jedem Zeigefinger an die Schläfe ist keine Ehrverletzung (Az.: 5 Ss 383/95-21).”
Andere Richter belegten den Fingertipper auch schon mit 40 Tagessätzen Geldstrafe. Erstaunlicher noch die Tatsache, dass selbst dann schon mal eine Beamtenbeleidigung erkannt wurde, wenn sich ein Stinkefinger gegen das Objektiv einer Videoüberwachungskamera gerichtet hat. Das Bayerische Oberste Landesgericht (Az.: 5 SDt RR30/2000) wertete diese “Geste” der Art, dass der hinter dem Monitor sitzende und nur seine Pflicht tuende Beamte beleidigt würde.
Achja, wie war das denn nochmal mit dem Knigge? Schnell mal bei Wikipedia nachgeschaut, liest man:
Über den Umgang mit Menschen
1788 erschien die erste Ausgabe seines wohl bekanntesten Werkes Über den Umgang mit Menschen (heute einfach kurz als „Knigge“ bekannt). Knigge beabsichtigte damit eine Aufklärungsschrift für Taktgefühl und Höflichkeit im Umgang mit den Generationen, Berufen, Charakteren, die einem auch Enttäuschungen ersparen sollte. Man kann seine durchdachten und weltkundigen Erläuterungen sehr wohl als angewandte Soziologie würdigen, was in den Abschnitten Über den Umgang mit Kindern, Über den Umgang mit Ärzten, Über den Umgang mit Jähzornigen, Über den Umgang mit Schurken und nicht zuletzt Über den Umgang mit sich selbst deutlich wird.
Der Wandel des Verständnisses von Knigges „Umgang“
Irrtümlicherweise wurde dieses Buch späterhin als Benimmbuch missverstanden, oft nur nach Hörensagen. Dieses Missverständnis verstärkte bereits der Verlag, indem er nach dem Tode von Knigge das Werk um Benimmregeln erweiterte. Außerdem ist bekannt, dass etwa alle zehn Jahre eine neue Ausgabe herausgegeben wurde – hauptsächlich mit Kleiderregeln. Heute erwartet man von einem „Knigge“ meist Hinweise, wie man Rot- zu Weißweingläsern beim gedeckten Tisch zueinander gruppiert; derlei überging Knigge selbst jedoch völlig.
Der Nachfahre Moritz Freiherr Knigge gab im Jahre 2004 in der Intention einer zeitgemäßen Adaption eine moderne Fassung des bekanntesten Werkes unter dem Titel Spielregeln. Wie wir miteinander umgehen sollten heraus.