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Anwalt kann aus Verhandlung nicht ausgeschlossen werden …

Das LAG Hannover hat mit Beschluss vom 29.09.2008 entschieden, dass ein Anwalt aus einer Arbeitsgerichtsverhandlung nicht ausgeschlossen werden darf, wenn er ohne Robe auftrete. Es könne dahingestellt bleiben, ob eine Verpflichtung des Rechtsanwalts zum Tragen einer Robe vor dem Arbeitsgericht bestehe. Ein Ausschluss eines Rechtsanwaltes von der mündlichen Verhandlung wegen des Nichttragens einer Robe sei unzulässig. Hier die Entscheidungsgründe:

I.
Der Beschwerdeführer vertritt die Klägerin in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren. In der Sitzung vom 05.06.2008 erschien der Beschwerdeführer ohne Berufstracht. Auf Veranlassung des Vorsitzenden erklärte der Beschwerdeführer, er habe schon vor vielen Jahren die Entscheidung getroffen, in Niedersachsen keine Robe zu tragen, wenn er vor den Arbeitsgerichten auftrete. Daraufhin wurde er als Prozessbevollmächtigter der Klägerin von der Kammerverhandlung vom 05.06.2008 ausgeschlossen.
Die Klägerin erklärte daraufhin, sie sei mit dem Beschwerdeführer befreundet und bevollmächtigte ihn deshalb, heute für sie den Termin wahrzunehmen.
Die Sitzung wurde dann mit dem Beschwerdeführer als Klägervertreter weiter fortgeführt, wobei er auch den Antrag im Verfahren stellte. Am Schluss der Sitzung erging sowohl eine Beschluss, mit dem die Widerklage zur gesonderten Entscheidung abgetrennt und der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen dafür als unzulässig angesehen und an das Landgericht Verden als zuständiges Gericht des zulässigen Rechtsweges verwiesen wurde wie auch ein Urteil verkündet, mit dem die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt und der Streitwert auf 6.544,52 Euro festgesetzt wurden.
Die Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers legten namens und in Vollmacht ihres Mandanten mit Schriftsatz vom 19.06.2008, der am selben Tag beim Arbeitsgericht einging, sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nienburg vom 05.06.2008 ein. Mit Schriftsatz vom 07.07.2008 wurde die sofortige Beschwerde weiter begründet (Bl. 113 – 119 d.A.). Das Arbeitsgericht half durch Beschluss vom 17.07.2008 der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor.

II.
Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers ist zulässig und begründet.

1.
Einzige Ermächtigungsgrundlage für den vorgenommenen Ausschluss des Beschwerdeführers von der Kammerverhandlung ist § 176 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), nach dem die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung dem Vorsitzenden obliegt.
Gegen Entscheidungen des Vorsitzenden im Rahmen von § 176 GVG sind grundsätzlich keine Beschwerdemöglichkeiten gegeben, da § 181 GVG eine Beschwerde gegen Ordnungsmittel nur in den Fällen der §§ 178, 180 vorsieht und damit ausgeschlossen wird, dass bei Maßnahmen im Rahmen von §§ 176, 177 GVG Beschwerde eingelegt werden kann.
Gleichwohl ist vorliegend eine Beschwerdemöglichkeit gemäß §§ 78 ArbGG, 567 ZPO eröffnet, da sich die Maßnahme, die der Vorsitzende durch den Ausschluss des Prozessbevollmächtigten in der Sitzung am 05.06.2008 getroffen hat, nicht allein in der Aufrechterhaltung der Ordnung erschöpfte, vielmehr weitergehende Wirkungen hat und die Zulassung als Rechtsanwalt im Verfahren betrifft. Der Ausschluss einer Beschwerdemöglichkeit ist grundsätzlich für die Fälle gegeben, in denen konkrete sitzungspolizeiliche Maßnahmen erforderlich werden, die sich in einer tatsächlichen Handlung des Vorsitzenden erschöpfen und damit nicht beschwerdefähig sind. Wird aber, wie im vorliegenden Fall, ein Prozessbevollmächtigter ausgeschlossen, so hat dieses weitergehende Auswirkungen insofern, als eine ordnungsgemäße Vertretung der Partei nicht mehr gewährleistet ist und damit eine Schlechtleistung aus dem Rechtsanwaltsvertrag vorliegen, die sich unmittelbar auf den Gebührenanspruch des Beschwerdeführers niederschlagen kann. Damit hat der Beschluss des Vorsitzenden eine weitergehende über das Verfahren hinausgehende Konsequenz für den Beschwerdeführer, so dass aus diesem Grunde eine Beschwerdemöglichkeit gegeben ist (vgl. Kissel, Kommentar zum GVG, 5 Auflage 2008, § 181, Rdnr. 1 sowie § 176, Rdnr. 48, 49; BGH, Beschluss vom 11.2.1998, Az 3 StE 7/94 – 1 (2) StB 3/98 in NJW 1998, 1420).

2.
Aus den genannten Gründen besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde, da ein Eingriff in die Rechte des Rechtsanwaltes bzw. seiner Partei vorliegt. Insoweit kann auf das oben Gesagte verwiesen werden.

3.
Die Beschwerde wurde im Namen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, also des Beschwerdeführers eingelegt, der sich in seinen eigenen Rechten betroffen sieht. Dieses ergibt sich auch bereits aus der sofortigen Beschwerde vom 19.06.2008, da der Beschwerdeführer dort auch als solcher bezeichnet worden ist.

4.
Es ist auch ausreichend ersichtlich, welcher Beschluss vom 05.06.2008 angegriffen sein sollte. Obwohl zwei Beschlüsse ergangen sind und der Beschluss, der angegriffen werden soll, in der Beschwerde nicht näher bezeichnet worden ist, ist jedoch aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer als solcher bezeichnet wurde, ersichtlich, dass nicht der Beschluss über die Abtrennung und Verweisung der Widerklage betroffen sein konnte, sondern nur der Beschluss, bei dem der Beschwerdeführer behauptet, in seinen Rechten verletzt worden zu sein.
Nach alledem ist die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers zulässig.

III.
Die Beschwerde ist auch begründet. Für den Eingriff in die Rechte des Beschwerdeführers und damit auch in die Rechte der klägerischen Partei selbst bedarf es einer Ermächtigungsgrundlage, die sich ausschließlich in § 176 GVG findet. Dabei geht es vorliegend letztlich nicht vorrangig um die Frage, ob der Beschwerdeführer zum Tragen einer Amtstracht (Robe) verpflichtet gewesen ist, sondern um die Frage, ob für den Fall des Nichttragens der Robe ein Ausschluss des Prozessbevollmächtigten berechtigt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 18.02.1970 (Az. 1 BvR 226/69, NJW 1970,851 ff) zwar ausgeführt, dass das Prozessgericht einen Rechtsanwalt, der das Auftreten in Amtstracht ablehnt, in einem bestimmten Rechtsstreit für einen einzelnen Verhandlungstermin als Prozessbevollmächtigten zurückweisen kann, hat jedoch hierfür eine Ermächtigungsgrundlage nicht genannt, lediglich generell von dem Recht gesprochen, einen dem geltenden Recht entsprechenden Ablauf der Gerichtsverhandlung sicherzustellen. Hierzu wird nicht konkret ausgeführt, ob insoweit ein gewohnheitsrechtliches Recht vorhanden ist oder woher sich dieses Recht ansonsten ergeben soll. Damit verbleiben als Ermächtigungsgrundlage nur die Vorschriften der § 176 ff. GVG, wonach die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung dem Vorsitzenden obliegt.

1.
§§ 177, 178 GVG regeln die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung und die Möglichkeit der Festsetzung eines Ordnungsmittels wegen Ungebühr. In diesen Vorschriften werden ausschließlich Parteien, Beschuldigte, Zeugen, Sachverständige oder bei der Verhandlung nicht beteiligte Personen genannt, die entweder den zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffenen Anordnungen nicht Folge leisten oder die sich in der Sitzung einer Ungebühr schuldig machen. Ausdrücklich nicht genannt werden Rechtsanwälte bzw. Prozessbevollmächtigte, gegen die entsprechende Maßnahmen nach §§ 177, 178 GVG nicht getroffen werden dürfen. Folgen einer Ungebühr des Rechtsanwaltes können deshalb nicht mit dort aufgeführten Maßnahmen sanktioniert werden. Insbesondere ist in diesen Vorschriften nicht geregelt, dass ein Ausschluss von Rechtsanwälten aus der mündlichen Verhandlung gegeben ist. Die Berechtigung eines Ausschluss eines Rechtsanwaltes in einem gerichtlichen Verfahren ergibt sich alleine aus § 138 a Strafprozessordnung (StPO), wonach ein Verteidiger von der Mitwirkung in einem Verfahren auszuschließen ist, wenn er dringend oder in einem die Eröffnung des Hauptverfahrens rechtfertigenden Grade verdächtig ist, dass er an der Tat beteiligt ist, den Verkehr mit dem Beschuldigten missbraucht oder eine Handlung begeht, die strafbaren Charakter hat. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist der Ausschluss eines Prozessbevollmächtigten nur im Rahmen des § 51 Abs. 2 ArbGG möglich, nach dem der Vorsitzende die Zulassung eines Prozessbevollmächtigten ablehnen kann, wenn die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird. Der Gesetzgeber hat deshalb bei einem Fehlverhalten eines Rechtsanwaltes die gesonderte Vorschrift des § 138 a StPO getroffen und eine weitere Regelung im arbeitsgerichtlichen Verfahren, um dem dort geltenden besonderen Beschleunigungsgrundsatz Genüge zu tun, wobei ein Fehlverhalten des Rechtsanwaltes nicht Voraussetzung für den Ausschluss ist. Die §§ 171, 178 GVG sind insoweit eindeutig und lassen Ordnungsmittel oder sonstige vergleichbare Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung gegenüber dem Rechtsanwalt nicht zu. Der Vorsitzende ist danach zwar berechtigt, auch gegenüber Rechtsanwälten für eine Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung zu sorgen, nicht aber ist eine weitere Maßnahme wie ein Ausschluss aus der mündlichen Verhandlung möglich. Wenn bereits ein geringeres Mittel wie ein Ordnungsgeld gegenüber dem Prozessbevollmächtigten nicht festgesetzt werden kann, kann insoweit erst recht ein Ausschluss von der mündlichen Verhandlung nicht erfolgen, der weitaus schwerwiegender ist.
Grund für die nicht vorhandene Möglichkeit, einen Rechtsanwalt von der mündlichen Verhandlung auszuschließen, liegt auch darin, dass die Verfahrensbeteiligten gleichbehandelt werden sollen, also der Rechtsanwalt dem Staatsanwalt, den ehrenamtlichen Richtern und evtl. dem Protokollführer gleichgestellt wird. Der Rechtsanwalt ist Organ der Rechtspflege wie auch die übrigen genannten Verfahrensbeteiligten und soll damit in seiner Rechtstellung ebenso wenig beeinträchtigt werden können wie die übrigen Personengruppen.
§ 176 GVG gibt damit dem Vorsitzenden das Recht, das Nichttragen der Robe zu rügen und darauf hinzuwirken, dass eine solche angelegt wird, sofern von einer Verpflichtung zum Robetragen ausgegangen werden kann, rechtfertigt es jedoch nicht, weitergehende Ordnungsmaßnahmen durchzuführen. Ob das Arbeitsgericht eine Vertagung in Betracht ziehen durfte, um die Einleitung und Durchführung von Maßnahmen abzuwarten, die durch die Rechtsanwaltskammer durchgeführt werden können entsprechend der Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA), ist hier nicht zu entscheiden (vgl. Kissel, aaO., § 176 Rdnrn. 41 – 43, Bundesverfassungsgericht, aaO., BGH, Beschluss vom 11.02.1998, Az. 3 StE 7/94 – 1) (2) StB 3/98 in NJW 98, 1420, OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.08.1976, Az. 2 Ws 143/76 in NJW 77, 309 – 311 OLG Braunschweig, Beschluss vom 27.04.1995, Az. 1 W 12/95 in NJW 1995, 2113 – 2115, OLG München, Beschluss vom 14.07.2006, Az. 2 WS 679/06 in NJW 2006, 3079 – 3080).

2.
Aber auch für den Fall, dass § 176 GVG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstellte, ist der Ausschluss aus der mündlichen Verhandlung des Beschwerdeführers nicht gerechtfertigt. Zu den sitzungspolizeilichen Maßnahmen im Sinne des § 176 GVG gehören diejenigen, die die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung betreffen. Dazu gehört der störungsfreie äußere Ablauf der Sitzung, die ungehinderte Entscheidungsfindung samt allen dazu erforderlichen Beiträgen einschließlich der Prozessbevollmächtigten, schließlich der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes der Beteiligten. Betroffen ist damit die äußere Ordnung, also die Sicherung des äußeren Ablaufs der Verhandlung und der Ruhe und Sachlichkeit, die eine objektive Prüfung aller entscheidungsrelevanten Umstände ermöglichen, die Aufmerksamkeit der Anwesenden in der öffentlichen Verhandlung nicht beeinträchtigt und allgemein deren gebührlichen Ablauf sichern (vgl. Kissel, aaO., § 176 Rdnr. 1 m.w.Nachw.).
Es ist vorliegend nicht erkennbar, inwieweit der ordnungsgemäße Ablauf und die Entscheidungsfindung in der Sitzung vom 05.06.2008 in einer Weise gestört war, dass ein Ausschluss des Klägervertreters gerechtfertigt war.
Allein aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer auch ohne Robe als Bevollmächtigter der Klägerin weiter im Verfahren tätig werden durfte, verhandelt hat und den Antrag aus der Klageschrift gestellt hat, ist ersichtlich, dass mit der Vertretung des Beschwerdeführers ein Problem nicht bestanden hat, das sitzungspolizeiliche Maßnahmen erforderte.
Auch wenn das Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen der Ordentlichen Gerichtsbarkeit vom 16.12.1975 (AGGVG) in seinem § 21 regelt, dass Richter, Vertreter der Staatsanwaltschaft, Rechtsanwälte und Urkundsbeamte der Geschäftsstelle in den zur Verhandlung und zur Verkündung einer Entscheidung bestimmten Sitzungen eine Amtstracht tragen müssen, sofern nicht im Einzelfall nach Auffassung des Gerichtes das Interesse an der Rechtsfindung eine andere Regelung gebietet, und in der Berufsordnung für Rechtsanwälte in § 20 geregelt ist, dass der Rechtsanwalt vor Gericht als Berufstracht die Robe trägt, soweit das üblich ist (mit Ausnahme des Auftretens vor den Amtsgerichten) sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, dass möglicherweise gewohnheitsrechtliche Aspekte dafür sprechen, dass eine Robe getragen wird, so ist es gleichwohl erforderlich, dass das geschützte Rechtsgut, das durch das Tragen der Robe geschützt werden soll, einen so starken Eingriff rechtfertigt, dass eine Partei im Verfahren ohne Bevollmächtigten dasteht und damit ihre Rechte nicht mehr wahrnehmen kann. Geschützt werden soll durch das Tragen der Robe die Dokumentation der Stellung des Rechtsanwaltes als Organ der Rechtspflege wie auch die Würde des Ablaufes einer gerichtlichen Verhandlung. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 18.02.1970 hierzu folgendes ausgeführt:

Es besteht ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit daran, dass Gerichtsverhandlungen in guter Ordnung und in angemessener Form durchgeführt werden können. Diesem Zweck dient es, wenn auch die an der Verhandlung beteiligten Rechtsanwälte eine Amtstracht tragen. Sie werden dadurch aus dem Kreis der übrigen Teilnehmer an der Verhandlung herausgehoben; ihre Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege wird sichtbar gemacht. Darin liegt auch ein zumindest mittelbarer Nutzen für die Rechts- und Wahrheitsfindung im Prozess; denn die Übersichtlichkeit der Situation im Verhandlungsraum wird gefördert und zugleich ein Beitrag zur Schaffung jener Atmosphäre der Ausgeglichenheit und Objektivität geleistet, an der allein Rechtsprechung sich in angemessener Form darstellen kann. Wenn man berücksichtigt, dass es sich hier um eine geringfügige Beeinträchtigung der freien Berufsausübung handelt, der als Belastung kaum mehr als Bagatellcharakter zukommt, folgt hieraus auch, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzt ist.

Ob diese Ausführungen aus dem Jahre 1970 noch heute ihre Berechtigung haben, kann dahingestellt bleiben, jedenfalls ist für das arbeitsgerichtliche Verfahren festzustellen, dass gemäß § 11 Abs. 2 ArbGG außer Rechtsanwälten auch weitere Bevollmächtigte zugelassen sind, insbesondere Verbandsvertreter von den Gewerkschaften der Arbeitgeberverbände. Diese treten regelmäßig vor den Arbeitsgerichten auf und tragen keine Robe. Die Rechts- und Wahrheitsfindung ist hierdurch in keiner Weise behindert; die Rechtsprechung der Arbeitsgerichten kann sich in angemessener Form weiterhin darstellen.

Auch bestehen regelmäßig keine Bedenken mit einem Rechtsanwalt zu verhandeln, der seine Robe vergessen hat und dieses genügend entschuldigt. Der äußere Ablauf der Verhandlung wird auch hierdurch nicht gestört, so dass es lediglich als Prinzipienfrage angesehen werden kann, wenn bei einem Rechtsanwalt ein Ausschluss erfolgt, der erklärt, dass er keine Robe zu tragen beabsichtigt.

Tritt also in diesen Fällen keine Störung des äußeren Ablaufs der Verhandlung ein wird nicht ersichtlich, inwieweit durch das Nichttragen der Robe im vorliegenden Fall die äußere Ordnung betroffen sein kann, die sitzungspolizeiliche Maßnahmen erfordert.

Jedenfalls aber ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit insoweit nicht gewahrt, wenn vor den Arbeitsgerichten der Prozessbevollmächtigte einer Partei aus den genannten Gründen ausgeschlossen wird. Denn es handelt es sich immer gleichzeitig um einen Eingriff in die Rechte der vertretenen Partei, die nunmehr ohne Prozessbevollmächtigten dasteht. Hierdurch können erhebliche Nachteile eintreten, etwa dadurch, dass ein Versäumnisurteil ergehen kann, weiterer notwendiger Sachvortrag nicht erfolgt, zu stellende Anträge nicht gestellt werden usw.. Ferner ist zu beachten, dass auch die gegnerische Partei ein Interesse daran hat, dass das Verfahren möglichst in einem Kammertermin zu Ende geführt und nicht eine weitere Vertagung auf einen späteren Zeitraum erfolgt, die erhebliche Nachteile, insbesondere wirtschaftlicher Art, nach sich ziehen kann. Angesichts des geschützten Rechtsgutes in Bezug auf die Pflicht zum Robentragen ist der durch den Vorsitzenden verursachte Eingriff in die Verhandlung durch diese sitzungspolizeiliche Maßnahme grundsätzlich nicht zu rechtfertigen.

Nach alledem ist der Beschluss vom 05.06.2008 aufzuheben.

Da die Beschwerde Erfolg hat, ergeht diese gerichtsgebührenfrei.

Da durch diesen Beschluss bei keinem der Beteiligten eine Beschwer vorliegt, ist eine Entscheidung über die Beschwerdemöglichkeit entbehrlich. Gegen diese Entscheidung ist deshalb ein Rechtsmittel nicht gegeben.

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Die Krawatte und die Diskrimierung

In der leidigen Krawattensache “Richter schließt krawattenlosen Verteidiger von der Verhandlung aus” erhebt sich nun die Frage, ob getrennte Bekleidungsvorschriften überhaupt mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar sind.

Die einfachste Lösung wäre wohl, bestehende Bekleidungsvorschriften dahingehend zu vereinfachen, dass von einer Halsbedeckung gesprochen wird, die Krawatte und Schal beinhalten. Und es den Geschlechtern überlassen bleibt, welche “Halskleidung” sie tragen.

Grundsätzlich müsste aber erst einmal geklärt sein, warum “Krawatte” automatisch dem Mann zugeteilt wird. Es gibt ja auch Damenkrawatten. Einfach googlen, dann findet man per Suchwort “Damenkrawatte” über 10.000 Seiten! Na bitte, dann wär das Problem doch auch schon mal gelöst.

Und überhaupt: Im roben-shop.de gibt´s unter ACCESSOIRES Krawatten, Schal und Tuch, UNISEX, also für alle und nicht Geschlechtern zugeteilt!

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Die Wellen schlagende Krawatte

Am 25.11.2008 greift das SWR-Studio Mannheim die dort anhängige Krawattenleier auf, die so langsam lästig wird. Da quängelt nun ein Anwalt rum, er würde sich beengt, ja gar gewürgt  fühlen. Naja, er kann ja selbst entscheiden, wie eng er seine Krawatte binden will. Ist er der Ansicht, dass er des Würgens Wert sei, ein Zug am Binder genügt 😉
Sind wir denn im Kindergarten, wenn eine bei Gericht zu tragende Krawatte in Presse und sogar im Fernsehen solche Wellen schlagen kann?
Wenn´s nur an der Anschaffung der Krawatte liegt, kein Problem. Bald ist Weihnachten und da haben wir ein besonders weiches Herz. Einfach Wunschzettel in unser Kontaktformular eintippen … das Christkind kommt bestimmt … aber nur zu den bedürftigen Juristen.

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Der ausartende Krawattenstreit

Amtsgericht Mannheim
Der vorsitzende Richter Johannes Jülch besteht auf den Langbinder bei Robenträgern. Zwischenzeitlich nimmt er die bei ihm erscheinenden Anwälte genau unter die Lupe. Trägt ein solcher Rechtsvertreter keine Krawatte, mahnt er ihn ab. Nachdem wohl seine Abmahnung wenig fruchteten, schloss er kürzlich einen Nebenklage-Vertreter von der Verhandlung aus.

Richter Jülch setzt konsequent die Verordnung des Justizministeriums über die Amtstracht bei ordentlichen Gerichten durch, die besagt, dass zur Amtstracht ein weißes Hemd mit weißem Langbinder zu tragen ist.

Dieser Krawattenstreit sorgte für Furore. Die Richter formierten sich und stellten sich hinter ihren Kollegen Johannes Jülch. Das vorläufige Ergebnis formuliert der Amtsgericht-Pressespecher Ulrich Krehbiel so: “Bei mir kamen sie gestern alle astrein gekleidet zur Verhandlung.” Und augenzwinkernd staune er, welch besonders schöne Krawattenexemplare im Amtsgericht zur Schau gestellt worden wären.

Augenzwinkernd mag man sich beim Mannheimer Anwaltsverein indes nicht geben. Das sei ein überflüssiges Thema und störe das gute Klima zwischen Richtern und Anwälten, mit dem sich Mannheim bisher von anderen Städten abgehoben habe. Das Streitende herbeisehnend wartet der Vorsitzende des Mannheimer Anwaltsvereins Dr. Jörg Meister auf den Ausgang der Beschwerde, die ein ebenfalls wegen fehlender Krawatte ausgeschlossener Anwalt beim Amtsgericht eingereicht habe.

Aber auch aus der Mannheimer Anwaltschaft gehen Stimmen hervor, die sich zur Gerichtsbezogenen Krawatte bekennen: “Ich würde nie ohne Halskleid vor Gericht erscheinen, und ich kenne auch keinen anderen Strafrechtler in Mannheim, der sich das erlauben würde”, sagt Strafverteidiger Steffen Kling, der sich über den Krawatten-Krach nur wundern kann.

Wie der Krawattenstreit auch immer ausgehen mag. Der Vorsitzende des Richterrats Helmut Bauer legt sich bereits dahingehend fest, ab sofort Krawatten-Krach zu schlagen, sollte ein Rechtsvertreter oben ohne auftauchen. Herr Jülch habe einfach gute Argumente und deshalb zeige er sich schon aus sachlichen Gründen solidarisch mit ihm.

Warum vergisst man eigentlich das wichtigste Argument, den gemeinen Bürger? Hat er nicht Anspruch auf beste “handwerkliche” Leistung? Gehört da nicht auch Auftreten und Würde des Gerichts dazu? Fühlt der vor Gericht stehende Bürger sich nicht benachteiligt, wenn Richter samt gegnerischem Anwalt gepflegt mit Robe und Krawatte auftreten und sein Anwalt eben nur mit Straßen- oder Freizeitkleidung daherkommt?

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Der Blick hinter die Robe

“Hinter die Robe geschaut” unter diesem Motto plante die Hamburger Justiz einen Tag der offenen Tür.

Das Verwaltungsgericht Hamburg präsentiert zusammen mit dem Oberverwaltungsgericht und dem Finanzgericht Hamburg am 7.10.2008 einen Bürgertag, bei dem die Öffentlichkeit eingeladen ist, den Gerichtstag hautnah zu erleben.

Die Programmplanung enthielt u.A.

> begleitete und kommentierte Gerichtsverhandlungen aus den Bereichen Strafrecht, Zivilrecht, Verwaltungsrecht und Zollrecht,
> ein (fiktiver) Fall für alle Gerichte: Eine Flatrate-Party und ihre Folgen,
> Führungen durch das Gerichtsgebäude: Von der Arrestzelle bis zum Sitzungssaal,
> Informationsforen über Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten in der Justiz,
> Ausstellungen des Zolls: „Original und Fälschung“ sowie „Drogenspürhunde im Einsatz“,
> Anwaltsmarkt des Hamburgischen Anwaltvereins sowie Informationsstände der Öffentlichen Rechtsauskunft, der Steuerberaterkammer Hamburg und des Steuerberaterverbandes Hamburg: Experten beantworten Fragen der Bürger,
> gerichtliche Mediation – eine alternative Konfliktlösung,
> IT-Präsentation: Einsatz elektronischer Medien im gerichtlichen Alltag,
> öffentliche Versteigerungen live,
> Santa Fu: Heiße Ware aus dem Knast,
> Richter-Cartoon-Ausstellung von Tim Oliver Feicke.

Bürgernähe und Transparenz, ja, die Hanseatische Justiz öffnet sich dem Volke. In unser aller Hauptstadt würde man sagen: “Und das ist gut so.”

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Sitzungspolizeiliche Maßnahmen

Das LAG Niedersachsen stellt mit Beschluss vom 29.09.2008, 16 Ta 333/08 fest, dass sitzungspolizeiliche Maßnahmen grundsätzlich nicht zu rechtfertigen wären, wenn es darum gehe, dem geschützten Rechtsgut “Robenpflicht” Achtung zu verschaffen.

Ein Arbeitsgericht hatte einen Anwalt von der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen, weil dieser ohne Robe erschien und dies damit erklärte, dass er schon vor vielen Jahren entschieden hätte, keine Robe zu tragen, wenn er vor Arbeitsgerichten auftrete. Offen bleibt jetzt die Frage, warum gerade ein Arbeitsgericht der Anwaltsrobe nicht Wert ist. Interessant wäre auch zu wissen, wie sich ein Mandant fühlt, dessen Anwalt wegen Robenverweigerung aus einem Verfahren ausgeschlossen wird. Führen solche Konfrontationen nicht zwangsläufig zu unguten Sitzungsverläufen?

Ob es hier um des Kaisers Bart geht, naja … immerhin gibt es Vorschriften über das Tragen von Amtstrachten. Und es gibt auch Robenhersteller, die sich über jeden Kunden freuen 😉

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Richter ohne Roben

Die Thüringische Landeszeitung (www.tlz.de) veröffentlicht einen Artikel von Hertmut Kaczmarek über das Projekt Güterichter:

Großes Interesse an Güte-Richtern.

Erfurt. (tlz) Vom nächsten Jahr an sollen an den Thüringer Gerichten die ersten “Güte-Richter” im Einsatz sein. 15 dieser Mediatoren werden derzeit ausgebildet. Sie sollen versuchen, in langwierigen und schwierigen Streitigkeiten, die schon länger bei Gericht anhängig sind, die verhärteten Fronten aufzubrechen. Thüringens Justizministerin Marion Walsmann sieht sich mit diesem Projekt, über das auch auf dem derzeit in Erfurt stattfindenden Deutschen Juristentag diskutiert wird, auf dem richtigen Weg. “Wir benötigen an unseren Gerichten eine neue Streitkultur”, so Walsmann. “Es muss nicht immer Gewinner und Verlierer geben.”

Das Interesse an dem Projekt ist nach Angaben des Justizministeriums schon jetzt groß. Nachdem der offizielle Startschuss vor einigen Tagen gefallen war, hatten sich bereits mehrere Interessenten für diese neue Form der Schlichtung gemeldet.

Die “Güte-Richter” sollen eine Alternative zu der üblichen Gerichtsverhandlung anbieten. Runder Tisch, keine Roben, kein Gerichtssaal: Die Güte-Richter sollen eher Konfliktmoderatoren oder Schlichter sein. Am Ende sollte möglichst ein Konsens aller Beteiligten stehen, so die Idee der Justizministerin, für die sie seit ihrem Amtsantritt wirbt.

Eingesetzt werden sollen diese Moderatoren im Rahmen eines Modellprojektes sowohl in Zivilstreitigkeiten als auch bei Verwaltungs- und Arbeitsgerichten.

Mehr dazu in der aktuellen TLZ-Printausgabe vom Mittwoch auf der Seite Thema des Tages

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Beihilfe zur Produktpiraterie – standesrechtlich vereinbar?

Aus aktuellem Anlass ergibt sich die Frage, ob Anwälte gegen das Standesrecht verstoßen, wenn sie im Auftrag einer Handelsgruppe bei einem bekannten Robenhersteller Roben in den gängigsten Größen kaufen und diese dann zum Zwecke der “Nachahmung” an diese Gruppe weiterleiten.

In unserem Blogeintrag “Die Robe ELITE im Fokus von Piraten” berichteten wir bereits von 2 Privatpersonen, die als Stohmänner fungiert hatten. Nachdem wir die Strohmännerbestellungen nicht ausgeliefert hatten, erhielten wir von einer relativ bekannten Anwaltskanzlei eine Bestellung, die genau die Roben in den Konfektionsgrößen enthielten, die die Strohmänner erfolglos bestellt hatten. Und weil in dieser Bestellung auch noch Richterroben enthalten waren, riefen wir dort an und fragten, ob die Richterroben versehentlich bestellt worden wären. Als Antwort hörten wir “unsere Anwälte arbeiten auch als Schöffen und brauchen Richterroben”. Nun brauchen einerseits Schöffen keine Richterroben und andererseits gibt es wohl keine Kanzlei, in der 5 Anwälte als Schöffen tätig sind. Geliefert haben wir natürlich nicht.

Etwa 4 Wochen später bestellt eine andere große Anwaltskanzlei Roben und wir riefen dort an, bedankten uns (höflich wie wir sind) für den Auftrag und wollten die einzelnen Größen besprechen. Die Dame die diese Bestellung aufgebenen hatte sagte, dass die Gößen schon stimmen und wörtlich “die Roben sind nicht für uns, wir leiten sie nur weiter”. Auf die Frage, ob die Roben an die Handelsgruppe xxxxxx gehen würden, kam ein klares “JA”.

Nun wissen wir definitiv, welche Handelsgruppe unsere Roben “nachahmen” will. Unsere Anwälte kümmern sich darum. In diesem Zusammenhang fragt es sich natürlich, ob es mit dem Standesrecht der Anwälte vereinbar ist, als Strohmann aufzutreten und so Beihilfe zur Produktpiraterie zu leisten.

Im Internet finden wir zum Begriff des Standesrechts eine Dissertation des Rechtsanwaltes Dr. Michael Stehmann. Hieraus sei auszugsweise zitiert:

Diese Normen betreffen nicht nur das Verhalten des Anwalts gegenüber seinen Kollegen und seiner Kammer, sondern auch gegenüber Gerichten und Behörden, Rechtsuchenden, seinen Mitarbeitern und schließlich der Öffentlichkeit. Man kann diesen Normenkomplex auch “berufsspezifisches Berufsrecht” nennen, der Begriff “Standesrecht” hat sich aber hierfür eingebürgert, mag es sich hierbei auch um einen “unscharfen” Sprachgebrauch handeln. Dabei werden bewusst nur solche Normen erfasst, die Pflichten des Anwalts statuieren, während seine besonderen Rechte außer Betracht bleiben. Der Zusammenhang zwischen Rechten und Pflichten soll aber nicht geleugnet werden. Vielmehr beschreibt das Standesrecht – in dem hier zugrunde gelegten Sinne – jenen Pflichtenkreis, der auch Folge dessen ist, dass der Rechtsanwalt innerhalb der Rechtspflege zum Zwecke seiner Berufsausübung besondere Rechte genießt.

Das Standesrecht ist auch die Basis jenes notwendigen Vertrauensvorschusses, den der Rechtsanwalt sowohl seitens der Angehörigen der anderen Rechtspflegeorgane und durch seine Kollegen als auch durch seine Mandantschaft, das rechtsuchende Publikum, erhält und den er zum effektiven Arbeiten auch benötigt. Insoweit erfüllt das anwaltliche Standesrecht disziplinäre Aufgaben. Das Standesrecht ist somit Teil des öffentlich-rechtlichen Berufsrechts der Anwaltschaft.

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Die Amtstracht Robe ist Pflicht!

Von RA Dr. Thomas Schulte findet sich eine interessante Presseveröffnetlichung bei openPR.de folgenden Inhalts:

Ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin (12 A 399.04) vom 26. Juli 2006, nach dem Anwälte von der Senatsverwaltung für Justiz zum Tragen der so genannten Amtstracht vor Gericht verpflichtet werden können, hat bei rechtskundigen Skeptikern für Kritik gesorgt. Denn selbst unter den als konservativ verschrieenen Juristen wird der Sinn und Zweck von Roben und weißen Krawatten gelegentlich bezweifelt. Dabei ist die als ‘Robenstreit’ bezeichnete Diskussion alt und von den Gerichten immer wieder gleich entschieden worden: Die Amtstracht ist fester Bestandteil des Rituals einer Verhandlung. Ihren Ursprung soll die Robenpflicht in einer Verfügung des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm I aus dem Jahr 1726 haben, wie folgt lautete: ‘Wir ordnen und befehlen hiermit allen Ernstes, dass die Advokaten wollene schwarze Mäntel, welche bis unter die Knie gehen, unserer Verordnung gemäß zu tragen haben, damit man die Spitzbuben schon von weitem erkennt.’

Anlass des Verfahrens war die ‘Allgemeine Verfügung über die Amtstracht der Berliner Rechtspflegeorgane’ der Berliner Senatsverwaltung für Justiz vom 3. Februar 2004. Deren Ziffer II Nr. 5 schreibt vor, dass die Amtstracht aus einer Robe von schwarzer Farbe besteht. Nach Ziffer II Nr. 6 tragen Frauen tragen zu dieser Amtstracht eine weiße Bluse und gegebenenfalls eine weiße Schleife, Männer ein weißes Hemd und eine weiße Krawatte. Statt weiß können Rechtsanwälte auch eine andere unauffällige Farbe wählen. Der Kläger ist Rechtsanwalt in Berlin. Nach erfolglosem Widerspruch gegen die Vorschrift erhob er Klage und führte zur Begründung aus, die Senatsverwaltung für Justiz sei nicht befugt, Vorschriften über die Amtstracht der Rechtsanwälte in Berlin zu erlassen, sondern ausschließlich die Anwaltskammer. Außerdem seien auffällige Hemden vor Berliner Gerichten üblich. Die zwölfte Kammer des Verwaltungsgerichts wollte dem nicht folgen: Die Justizverwaltung könne sehr wohl Bekleidungsvorschriften für die Gerichtsverhandlungen erlassen, weil es sich hierbei nicht um Fragen des berufsständischen, sondern des Gerichtsverfassungsrechts handle. Die Regelungen über die Amtstracht seien auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Dem Bürger solle vor Gericht auch durch das Auftreten in einer bestimmten äußeren Form deutlich gemacht werden, dass seinem Anliegen im Verfahren ernsthaft und mit Respekt begegnet werde. Dies gelte auch für die Vorschriften über die zusätzlich zu tragenden Kleidungsstücke. Sie sollten verhindern, dass durch das Tragen unangemessener Kleidungsstücke die Robe und damit mittelbar das gesamte Verfahren abgewertet würde.

Der Streit ist wie gesagt alt. Im 1969 geführten Berliner Prozess um den ermordeten Studenten Benno Ohnesorg weigerte sich der inzwischen auch anderweitig bekannte Rechtsanwalt Horst Mahler, als Vertreter der Nebenkläger mit einer Robe aufzutreten. Das Landgericht schloss Mahler von prozessualen Erklärungen während der Hauptverhandlung aus. Als er weiter verhandelte, setzte das Gericht die Hauptverhandlung nach § 228 I StPO aus. Begründung: Mahler habe durch sein robenloses Auftreten und seine eine Prozessatmosphäre geschaffen, die eine sachgemäße Behandlung des schwierigen Strafverfahrens nicht mehr gewährleiste. Auf die Beschwerde hin hob das Berliner Kammergericht den Aussetzungsbeschluss auf und führte zur Begründung aus: Ein Rechtsanwalt ohne Robe verwandle sich von Gesetzes wegen in einen einfachen Zuhörer. Wortmeldungen von Zuhörern seien Störungen und als solche mit Ordnungsmitteln bis hin zur Entfernung aus dem Sitzungszimmer zu ahnden (§ 177 GVG), nicht aber mit einer Aussetzung der Hauptverhandlung. Im Folgejahr kam es dann zum ‘Robenurteil’ des Bundesverfassungsgerichts. Die siebte Zivilkammer des Landgerichts Freiburg hatte einem Rechtsanwalt das Auftreten untersagt, solange dies ohne Robe erfolge. Alle weiteren Instanzen hatten die Entscheidung bestätigt; die Verfassungsbeschwerde blieb ohne Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht führte aus: Dort, wo gesetzliche Vorschriften fehlten, ergebe sich die Pflicht zur Amtstracht aus über hundertjährigem Gewohnheitsrecht. Und: ‘Es besteht ein erhebliches Interesse daran, dass Gerichtsverhandlungen in guter Ordnung und angemessener Form durchgeführt werden können. Diesem Zweck dient es, wenn auch die an der Verhandlung beteiligten Rechtsanwälte eine Amtstracht tragen. Sie werden dadurch aus dem Kreis der übrigen Teilnehmer an der Verhandlung herausgehoben; ihre Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege wird sichtbar gemacht (§ 1 BRAO). Darin liegt auch ein zumindest mittelbarer Nutzen für die Rechts- und Wahrheitsfindung im Prozess; die Übersichtlichkeit der Situation im Verhandlungsraum wird gefördert und es ist zugleich ein Beitrag zur Schaffung jener Atmosphäre der Ausgeglichenheit und Objektivität geleistet, in der allein Rechtsprechung sich in angemessener Form darstellen kann.’

Resümee des Autors: “Diese goldenen Worte der Verfassungshüter wollen wir für sich sprechen lassen.” Dem ist nichts hinzuzufügen.

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Der weiße Langbinder saß perfekt – Roben-Premiere

Mit dem Titel “Das erste Mal in Robe” berichtet ein Referendar bei Referendariat | Jurablogs.com über seinen ersten Roben-Einsatz. “… ich musste Sitzungsvertretung machen …”

Und weil Referendare ja noch keine eigene Robe besitzen, kam eine von Vorgängern schweißgetränkte und ausgebeulte Trevirarobe zum Einsatz. Wie, das lesen Sie bitte hier.

Wie es zu einer schweißgetränkten Robe kommen kann und wie man eine solche vermeidet, das lesen Sie bitte hier.

Wenn Sie Schweiß beim Robentragen ausschließen wollen, dann schauen Sie bitte in unserem www.roben-shop.de vorbei.